Vor nicht einmal einhundert Jahren bedeckten noch unwegsame Moore das Land und teilten Ostfriesland in zwei Sprach- und Brauchtumsregionen.
Schon lange hatte der Wunsch bestanden, das Wiesmoor zu besiedeln, aber eine 1767 durchgeführte Vermessung des Wiesmoores durch den Ingenieur Kettler scheiterte am schwierigen, unpassierbaren Gelände. Im Jahre 1852 wurde durch Förster von Bodungen ein Konzept erstellt, das “Wieseder Moor” im Sinne einer Fehnanlage zu erschließen. Auch plante er schon einen Jadekanal, jedoch sollte dieser weiter südlich verlaufen als der heutige Ems-Jade-Kanal.
Im Jahr 1906 dann entschloß sich der preußische Staat, das zwischen Aurich und Jadebusen gelegene 12.000 ha große unbewohnte Moorgebiet, das Wiesmoor (Wieseder Moor), industriell abzutorfen und für die Besiedlung zu erschließen. Der dabei anfallende Torf sollte in einem dort zu errichtenden Kraftwerk vor Ort zur Stromerzeugung genutzt werden. Treibende Kraft zu diesem Plan war der preußische Geheime Rat und spätere Staatssekretär Dr. Ramm. Er war mit Carl Friedrich von Siemens befreundet und konnte den Industriellen, der schon mit Kohlekraftwerken Energie erzeugte, dazu gewinnen, dies auch mit dem Brennstoff Torf in Angriff zu nehmen.
Einzug in Wiesmoor 1907 (C) Hinrichs
Im Jahre 1907 zogen die ersten Moorpioniere mit Pferd und Wagen ins Moor, um Wiesmoor zu erschließen.
Torfkraftwerk Wiesmoor, 1910, Ansichtskarte An einer Stelle südlich des Verbindungswegs von Voßbarg nach Wiesederfehn fand man einen geeigneten Standort. Das 1909 hier erbaute Kraftwerk sollte den Nordwesten mit elektrischer Energie versorgen. Der Torf, der in der Umgebung des Kraftwerks reichlich vorhanden war, sollte als Brennstoff für das Kraftwerk verheizt werden. Siemens aus Berlin lieferte die benötigte technische Einrichtung für das Kraftwerk und war nach Fertigstellung auch der Betreiber. Für die Torfanlieferung war die staatliche Moorverwaltung zuständig.
Gemeinde Wiesmoor, 01. Juni 1922
Aus dem Gutsbezirk Wiesmoor wird die politische Gemeinde Wiesmoor.
Sodensammler am Verladeband,1937 Die Gewinnung des für den Kraftwerksbetrieb benötigten Brenntorfs war sehr personalintensiv. Viele Menschen aus den umliegenden Dörfern fanden Arbeit in der Torfaufbereitung und zogen zum Gutsbezirk Wiesmoor, einer staatlichen Hochmoordomäne. Schon 1922 wurde aus dem Gutsbezirk die kommunale Körperschaft “Gemeinde Wiesmoor”.
Frühgemüsetreibhäuser, 1958 (C) Hinrichs
Bereits 1925 kamen die Betreiber des Kraftwerks auf die Idee, Gewächshäuser zu errichten und Gemüse anzubauen. Die Gewächshäuser mit einer Unterglasfläche von 7,5 ha wurden mit der Abwärme des Kraftwerks beheizt. Wiesmoor-Gemüse, insbesondere Gurken und Tomaten, waren alsbald ein Markenbegriff.
[Die Fotos (C) Hinrichs wurden dem Buch WIESMOOR von Jan Hinrichs entnommen. Die Fotorechte an Saebens-Fotos liegen beim Ostfriesischen Landesmuseum Emden. Die Darstellung erfolgt mit freundlicher Genehmigung der Rechteinhaber]
1951 wurde Wiesmoor mit den Nachbargemeinden Mullberg, Auricher Wiesmoor II, Wilhelmsfehn I und Wilhelmsfehn II und Friedeburger Wiesmoor Nord zur Großgemeinde Wiesmoor vereinigt. Wirtschaftliche Grundlage der Gemeinde waren bis Mitte der 60er Jahre der Betrieb der NWK (Nordwestdeutsche Kraftwerke AG, Hamburg) mit den Abteilungen Kraftwerk, Torfgewinnung, Gärtnerei und Landwirtschaft.
In den 60er Jahren wurde das Torfkraftwerk mit einer Leistung von 13 Megawatt zunehmend unrentabel, es wurde 1966 abgerissen. Für die etwa 1000 Menschen, die im Torfkraftwerk und seinen angeschlossenen Betrieben freigesetzt wurden, mußten neue Arbeitsplätze gefunden werden. Das danach errichtete Gasturbinenkraftwerk mit einer Leistung von 25 MW hatte für Wiesmoor keine große Bedeutung. Es diente lediglich zur Abdeckung von Spitzenlasten und wurde von Emden aus ferngesteuert.
Die Gärtnereibetriebe im Ortsteil Hinrichsfehn schlossen sich 1964 zur Nordwest-Blumen- Gartenbaugenossenschaft zusammen und begründeten zusammen mit der Wiesmoor-Gärtnerei den Ruf Wiesmoors als Blumengemeinde. Zusammen haben beide Blumenerzeuger eine Unterglasfläche von 20 ha.
Neben der Topfblumenerzeugung ist Wiesmoor mit seinen Baumschulen erfolgreicher Produzent von Moorbeetpflanzen und ein wichtiger Schwerpunkt im Baumschulzentrum Oldenburg-Ostfriesland.
1972 wurde die Großgemeinde Wiesmoor mit den vorher selbständigen Gemeinden Voßbarg, Zwischenbergen, Wiesederfehn und Marcardsmoor zur Einheitsgemeinde Wiesmoor vereinigt
In den letzten Jahren gewann der Fremdenverkehr zunehmend an Bedeutung für Wiesmoors Wirtschaftskraft. Viele Hotels und Pensionen bieten dem Gast eine gemütliche Unterkunft. Darüberhinaus werden zahlreiche Ferienwohnungen und private Fremdenzimmer angeboten. Der von der Stadt Wiesmoor betriebene Campingplatz am Rande des Ottermeers hat seit 2004 in ununterbrochener Folge Empfehlungen des ADAC erhalten..
Verleihung der Stadtrechte
Am 16. März 2006 erhielt Wiesmoor die Stadtrechte durch Niedersachsens Innenminister Uwe Schünemann überreicht.
Open Air Konzert beim Stadtfest
Wiesmoor wurde im Jahr 2006 hundert Jahre alt. Diese Begebenheit wurde im Juni mit einem groß angelegten Stadtfest gefeiert.
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