Während des zweiten Weltkrieges stagnierte auch Wiesmoors Entwicklung, doch nach dem Krieg initiierte Jan Hinrichs, der damalige Leiter der Nordwestdeutschen Kraftwerke (NWK), den Bau einer neuen Siedlung auf den ehemaligen Torfabbau-Abschnitten 3 und 5.
Eine Fortsetzung der Siedlungsmaßnahmen der NWK zum Wohle ihrer Arbeiter bedeutete der kurz nach Ende des Zweiten Weltkrieges in Angriff genommene Plan, im sog. Reservat 1 an den je 2 km langen Anschnitten 3 und 5 auf einer bereits abgetorften Fläche von 300 ha eine Gärtnersiedlung zu errichten. Hier sollte jeder Siedler bis zu 2 ha Land bekommen. Damals wurde schon weit vorausblickend daran gedacht, daß die Torfreserven eines Tages zur Neige gehen würden. Dem Siedlungsprojekt im späteren Hinrichsfehn lag der Gedanke zugrunde, den Torfarbeitern, die ihr Leben lang im Moor gearbeitet hatten, bei der Besiedlung des Neulandes ein Stück Land als Eigentum zu verschaffen, auf dem sie nach holländischen Vorbildern auf gärtnerischer Basis ihre Existenz gründen konnten.
Die Wohnungsnot war nach dem letzten Krieg auch auf dem Lande sehr groß, so daß viele Arbeiterfamilien nur behelfsmäßig untergebracht waren. Baumaterialien wie Steine, Zement, Holz und Wiesmoor Hinrichsfehn LehmhausDachziegel waren 1946, in jener Zeit der staatlich reglementierten Mangelwirtschaft, wenn überhaupt, dann nur mit Genehmigung der britischen Besatzungsbehörden zu bekommen. Die NWK unter Leitung von Betriebsdirektor Hinrichs wollte jedoch dem Wohnungselend so schnell wie möglich begegnen und auch jungverheirateten Ehepaaren zu einem Unterkommen und einer Existenz verhelfen. Deshalb wurden bis zur Währungsreform 1948 zunächst 47 Häuser überwiegend aus im Nachbardorf Voßbarg gewonnenem Lehm gebaut und mit Reet gedeckt. Sieben Siedlern war es gelungen, sich Ziegelsteine zum Bau ihrer Häuser zu beschaffen. Die ersten acht Ehepaare, die per Losentscheid ermittelt wurden und ab August 1946 mit ihren Kindern in die aus heutiger Sicht primitiven Lehmkaten einziehen durften, waren: Hinrich und Gesine Harms, Jann und Foline Schmidt, Ahlrich und Frauke Dannemann, Johann und Gretine Meinen, Harm und Gesine Janßen, Johannes und Foelke Buß, Metzen und Justina Hildebrandt sowie Karl und Emmy Koch.
Die Lehmhäuser aus der Gründerzeit wurden alsbald von den fleißigen Siedlern durch schmucke Wohnhäuser ersetzt. Dank der Grundstücksbreite von 60 m war es den Siedlern möglich, an der Straßenfront ein oder zwei Baugrundstücke abzutrennen. Viele ihrer Kinder haben diese Möglichkeit genutzt und sich neben den Eltern ein eigenes Haus gebaut.
Einige Söhne der ersten Siedler haben den Schritt gewagt, sich selbständig zu machen und ihre Siedlung zu einer Gärtnerei oder Baumschule auszubauen. Zu nennen sind an dieser Stelle vor allem die Namen Jan Kampen, Dieter Kraft, Hermann Kruse, Günther Mieth, Jakob Reitmeyer, Werner Stier und Martin Zimmer. Seine herausragende Bedeutung als Gartenbauzentrum gewann Hinrichsfehn jedoch erst, als ab 1965 mit staatlicher Unterstützung an der Südseite der westlichen Hälfte der Azaleenstraße 16 Gärtnersiedlungen, darunter 5 Baumschulen, entstanden. *) Die in Hinrichsfehn angesiedelten Topfpflanzenproduzenten schlossen sich zur Nordwest-Blumen Gartenbaugenossenschaft eG zusammen, die ihr Domizil an der Azaleenstraße hat. Nordwest-Blumen vermarktet das breite Pflanzensortiment von 50 Mitgliedsbetrieben, die zum Teil auch außerhalb Wiesmoors ansässig sind, über den norddeutschen Fachgroßhandel und insbesondere über den Fahrverkauf an 1.200 Blumengeschäfte im Weser-Ems-Gebiet.
(Gerhard Post im Jubiläumsband anläßlich des 50-jährigen Bestehens des Ortsteiles Hinrichsfehn, 1996, mit freundlicher Genehmigung der Dorfgemeinschaft Hinrichsfehn als Herausgeber der Jubiläumsschrift.)
*) Zu den im Jubiläumsband erwähnten Namen der Gärtnerei- und Baumschulgründer erhielt ich von Herrn Stührenberg folgende Ergänzung, die ich hier dankend veröffentliche: auf ihrer homepage über die Geschichte Wiesmoor betreffend der Baumschulentwicklung in Hinrichsfehn stimmen ihre Angaben leider nicht ganz, die erste Baumschule in Hinrichsfehn war 1962 Baumschule Ernst Stührenberg, er war damals aus Marx zugezogen, die erste Zierpflanzen-Gärtnerei war von Dieter Cramer 1961 in Hinrichsfehn ansässig, vielleicht können Sie diese Informationen zur Berichtigung der Geschichte Hinrichsfehns auf ihrer homepage verwerten.
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